Der natürliche Feind des Rechts: die Gerechtigkeit
Die Antwort auf die Frage, was Gerechtigkeit ist, hängt natürlich von der Perspektive ab, mit der man an die Frage herangeht. Darüber sind schon einige Seiten geschrieben worden.
Wir halten das hier schlank: Gerecht ist eine Lösung, die jedem gibt, was ihm nach seinem Einsatz zusteht. Und das kann dann gerne mal mit der rechtlichen Lösung kollidieren.
Wenn z.B. eine Ehe geschieden wird, gibt es im Regelfall einen sog. Zugewinnausgleich.
Für jeden Ehegatten wird zunächst das Vermögen ermittelt, das er bei Ehebeginn hatte (Anfangsvermögen). Dann wird für jeden das Vermögen ermittelt, das er am Ende der Ehe hat (Endvermögen). Übersteigt das Endvermögen das Anfangsvermögen, liegt ein sog. Zugewinn vor. Wer mehr Zugewinn hat, muss dem, der weniger Zugewinn hat, einen Ausgleich geben (die Hälfte des Mehr).
Dass es dabei ein paar Feinheiten gibt, mit denen man das Anfangsvermögen ein wenig aufhübscht (Hochrechnung über Verbraucherpreisindex), bzw. den Zugewinn reduziert (Herausrechnung von Erbschaften und Geschenken), registrieren wir am Rande.
Der Gedanke dahinter ist, dass während einer Ehe jeder Ehepartner dem anderen hilft, dessen Vermögen zu mehren. Und genau hier beginnen die Probleme:
- Natürlich macht es (im klassischen Rollenmodell) die Ehefrau, die die vier gemeinsamen Kinder betreut und erzieht, erst möglich, dass der Ehemann in der freien Wirtschaft jagen geht und das (sein) Vermögen mehrt. Und natürlich muss sie hier von der Mehrung (hälftig) profitieren.
- Aber ist es gerecht, dass der Ehemann, dem die Ehefrau zur Selbstfindung das zweite, dritte und vierte Studium ermöglicht, während sie alleine das Familieneinkommen hereinholt, bei Eheende die Hälfte ihrer Vermögensmehrung beanspruchen kann?
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